Ich nehme meine Badehose mit. Und ein Handtuch. Laufe die kurze Strecke über die Felder, springe über einen Zaun aus altem Holz und bin kurz danach angekommen. Am Ufer unseres Flusses. Ich stehe noch auf dem Grundstück von dem Bauernhof, der spontan unser neues Zuhause geworden ist, und befinde mich trotzdem in völlig abgeschiedener Natur und direkt vor einem gewaltigen Fluss. Nur noch ein Schritt nach vorne, und ich würde im Wasser stehen. Kein Mensch weit und breit.
Außer dem Fluss gibt es nur Wald, Berge und ein paar Vögel zu sehen. Ich ziehe mich aus, alles bis auf die Boxershorts, setze mich auf mein Handtuch und atme langsam und tief ein und aus. Es riecht nach Kindheit. Nach meiner eigenen, bei der Ausflüge in unberührte Natur an der Tagesordnung waren. Mal mit meinen Eltern. Doch meistens mit den Nachbarskindern oder meinen Geschwistern. Oder ganz alleine, wie jetzt.
Ich schaue mir den Fluss an, der einen beruhigenden, fast hypnotisierenden Effekt auf mich hat. Gewaltige Wassermengen fließen an mir vorbei, sind immer in Bewegung. Ich lege mich auf den Rücken, schließe die Augen und höre nichts außer dem Wind und ein paar Libellen, die kreuz und quer über der Wasseroberfläche hin- und herfliegen. Zwischendurch springt ein Lachs in die Luft, doch ansonsten gibt der Fluss kaum Geräusche von sich.
Ich spüre die Erde unter mir und die Sonne auf meiner Haut. Als ich die Augen wieder öffne, sehe ich Schwalben, die hoch über den Bäumen ziellos hin und her fliegen, so als würden sie sich einfach über das Wetter freuen und den Moment genießen.
Es ist so entspannt um mich herum, so ruhig, doch trotzdem voller Leben. Das Gras, die Pflanzen, die Bäume, der lebensspendende Fluss, die Wärme der Sonne, die Insekten und die Tiere. Ein eigenes kleines Ökosystem, in dem alles seinen Platz hat. Noch nie in meinem Leben ist es mir so bewusst gewesen, dass auch ich ein Teil von all dem bin.
Während ich mich umschaue, denke ich daran, wie immer etwas sterben muss, damit neues Leben entstehen kann. Auch ich irgendwann. Diese pragmatische Sichtweise auf den Tod unterscheidet sich stark von der religiösen Sichtweise, mit der ich aufgewachsen bin. Ein Gefühl von Angst und Leere breitet sich in mir aus, wird aber kurz danach wieder von der Schönheit von dem großen Ganzen verdrängt, und von der Dankbarkeit dafür, dass ich jetzt leben darf.
Diese Gedanken erinnern mich an den Prozess, der schon vor unserer Reise in uns angefangen hat und bei dem mehr Freiheit, aber auch mehr Unsicherheit entstanden ist. Mehr Gefühle, sowohl schöne als auch unangenehme. Das Hinterfragen, das Zweifeln und die Suche nach Freiheit und ein naturverbundenem Leben. All das hängt zusammen und hat für mehr Kontrast gesorgt: In meinem Alltag, in meinen Gefühlen und sogar in der Beziehung zwischen mir und Maria.
»Ist schöner so«, denke ich und werfe einen kleinen Stein in den Fluss. Meine Augen folgen den vielen kleinen kreisförmigen Wellen, bis sie irgendwann nicht mehr sichtbar sind.
»Wenn alles vorhersehbar, vertraut und möglichst sicher ist, erlebt man nichts, spürt nichts und es passiert im Endeffekt auch nichts. Das Leben wird eintönig, und man braucht Abends ganz viel Fernsehen, um dem Gehirn vorzutäuschen, dass man etwas Spannendes erlebt hat.«
Ich springe in den Fluss und schwimme langsam gegen die Strömung. Die Kälte ist anfangs kaum auszuhalten, doch sie tut mir gut. Schärft meine Sinne. Lässt mich spüren, dass ich lebe. Als ich ein paar Minuten später wieder aus dem Wasser steige und mich von der Wärme der Sonne auftauen lasse, fühle ich mich reich und dankbar und habe plötzlich das Bedürfnis, diese Dankbarkeit zum Ausdruck zu bringen. Doch wie?
Früher, als ich Teil einer christlichen Sekte in Norwegen war, bestimmte mein Glaube alles. Heute sieht das anders aus. Zu viel ist passiert, seit wir dort waren. Ich habe mich in Deutschland Stück für Stück verändert und von dieser Kirchengemeinde immer mehr distanziert. Heute spielt mein Glaube bzw. das, was davon übrig ist, eine viel geringere Rolle in meinem Leben. Doch trotzdem formen meine Lippen ein leises Gebet. Gerade jetzt in diesem Moment, während ich mir die Schwalben am Himmel, die Bäume und die Berge ansehe. Während ich Vogelgezwitscher höre und die Strahlen der Sonne spüre. Während ich darüber nachdenke, wie alles um mich herum lebt und wächst und einfach nur schön und perfekt ist, dann flüstere ich leise folgenden Satz:
»Danke Gott, dass ich ein Teil von all dem hier bin.«
Und dann wundere ich mich mal wieder darüber, wie stark wir uns in der heutigen Gesellschaft von unserem Ursprung bzw. von der Natur distanziert haben.
Wahrscheinlich fühlt es sich deswegen so gut an, sich ihr hinzugeben und wieder mit allen Sinnen zu erleben!
Auch wenn jetzt gerade eigentlich Zeit fürs Ankommen und fürs Niederlassen ist, spüre ich tief in mir drin ein Verlangen nach Abenteuer und Wildnis. Die ganze Familie einfach einpacken und losfahren. Vorm Lagerfeuer Geschichten erzählen und Bücher lesen. Selbstgefangene Fische auf der verbleibenden Glut grillen, um dann im Zelt oder unter offenem Himmel mit sattem Bauch einzuschlafen. Weit weg von der sogenannten Zivilisation, von gestressten Menschen mit Anzügen und hupenden Autos im Stau.
Und je länger ich mich in diesem Land aufhalte, desto klarer wird mir, dass es ein guter Platz für solche Abenteuer ist.
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Bevor Deine Mail kam habe ich den Bericht auf Facebook gelesen geteilt und kommentiert, leider kann ich den Film aus finaziellen
Gründen nicht bestellen ich wünsche euch aber weiterhin alles Gute und viel Gesundheit sodas ihr noch viele Abenteuer erleben könnt.
lG aus Dortmund-Altenderne Marion
Vielen Dank für deinen Kommentar und die schönen Worte, Marion! Hab dir gerade eine E-Mail geschrieben.
LG Thor
Es ist immer eine grosse Freude Deine Beiträge zu lesen! Danke! 🙂
Lieben Dank, Alessandra! Das freut mich sehr! 😊
LG Thor
Ich habe mir gerade Euern Film bestellt und freue mich so so so so schlimm doll darauf ❤️❤️❤️ Liebe Grüße Tini
Das freut uns seeehr! 🙂
LG Thor
Hallo Thor,
Ich habe richtig Lust Norwegen zu erkunden, Dank ihrer Erzählungen und all euren Videos. Irgendwie hatte ich nie nördlich von Deutschland gelegene Länder auf meiner to-go-List aber ihr habt das geändert Danke.
Cool! Das Wetter ist zwar nicht immer so toll, aber ansonsten ist es wunderschön hier! 🙂
LG Thor
Jorgen Randers hat in „2052. Der neue Bericht an den Club of Rome. Eine globale Prognose für die nächsten 40 Jahre“ zusammen mit über 30 Experten Tendenzen der globalen Entwicklung der nächsten Jahrzehnte aufgezeigt. Als Norweger hat er wie Thor eine Vorliebe für unberührte Natur. Einer der 20 Ratschläge, die zynisch klingen, aber gut gemeinte Warnungen sind, ist: „Vermeiden Sie eine Vorliebe für Dinge, die bald verschwunden seien werden.“
Thor hat wundervoll beschrieben, was der Menschheit verloren geht, wenn es nicht gelingt, komplett umzusteuern.
Vielen Dank, Walter! Lass uns gemeinsam umsteuern! ☺️
LG Thor
Lieber Thor, ja ich glaub, dieser Gott will dir zeigen, dass er dich liebt. Uns dieser Gott lässt sich nicht in irgendwelche Gemeinden oder Sekten pressen. Er ist voller Freiheit und grenzenlos schön. Fange an ihn zu suchen, er wird sich finden lassen !
Ich habe alle eure Beiträge gelesen und bestaunt. Und das ist mir aufgefallen: das was euch fehlt ist der Frieden mit diesem Gott, der diese Natur und euch geschaffen hat.
Ich hatte auf dem Herzen das zu schreiben.
Unbekannterweise ganz viele Grüße, Anika
Vielen Dank für deinen Kommentar und deine Gedanken, Annika! ☺️
LG Thor
Frohe Ostern oder The redeemer lives. Das Fest des grenzenlosen Neubeginns im Sinne von dem was Anika (unbekannterweise) schrieb. Die Beziehung ist das entscheidende. Frau, Kinder, Freunde, Natur… und der, der alles zusammenfügt. Nicht Regeln und Braeuche. Vielen Dank, dass du, Thor, mit deiner Familie uns das materielle Loslassen auf eurer Reise näher gebracht hast. Unsere Tuer steht für euch jederzeit wieder offen!
Vielen lieben Dank, Carmen!!! ☺️ Es war sehr schön bei euch!!!
LG nach Brisbane…
Ich finde diesen Satz, dass Ihr Euch an einem Platz befindet, von dem aus sich genau diese Abenteuer erleben lassen, unglaublich spannend! Was für ein bewegter (im eigentlichen Wortsinn!) Gegensatz! Und ich bin mir sicher: sich genau diesen bewusst zu machen, führt letztlich auch dazu, ihn zu leben. Wir erleben das als Familie zumindest gerade auch mehr als intensiv.
Eine Sache möchte ich noch offen anmerken: Gott ist auf keine Glaubensgemeinschaft dieser Welt angewiesen! Er wohnt im Herzen, wenn man ihn lässt – und nur dort will er sein.
Alles Gute für Euch weiterhin,
Carolin
Vielen Dank für deinen Kommentar, Carolin! Es gefällt mir sehr gut, wie du Gott siehst bzw. beschreibst! 🙂
LG Thor
Lieber Thor,
ich kann es immer kaum abwarten von meinem E-Mail Postfach, mit Ankündigung über einen neuen Artikel, bis hierher zu kommen. Ich finde es grandios wie ehrlich und wunderbar ihr eure Eindrücke schildert, besonders der Abschnitt, dass bei einem Aufbruch mehr Gefühle hinzukommen.
Alles Großartige, Abenteuerliche Euch weiter Sarah
Vielen lieben Dank, Sarah! 🙂
LG Thor
So schön geschrieben 🙂 Das hat richtig berührt..
Danke, das freut mich sehr! ☺️
Hey Thor,
wieder mal ein schöner Bericht über deine Erlebnisse in der Natur.
Eigentlich nichts besonderes, ein Tag am Fluss, ein bisschen baden und das schöne Wetter genießen. Doch das Problem ist, dass wir uns für solche Momente nicht die Zeit nehmen. Zumindest ist dies bei mir der Fall.
Wie oft kommt es vor, ich gehe raus in die Natur um diese zu genießen, doch bewusst genießen tue ich sie nicht. Immer ist die Kamera, das Smartphone oder ähnliches dabei.
Ich denke wir Menschen haben es verlernt stille zu werden. Stille zu werden, damit Gott auch durch die Natur zu uns sprechen kann. Damit Gott uns seine Macht, seine Schöpfung, die er für uns gemacht hat präsentieren kann. Und das schlimmste ist, es wird von Generation, zu Generation immer schlimmer. Wir gehen raus, doch wir stopfen uns Stöpsel in die Ohren um Musik zu hören, wir konzentrieren uns auf unser Smartphone um nicht vom Weg abzukommen, wir halten die Kameras fest in der Hand und sind durchgehend auf der Suche nach DEM Motiv, nach dem einen, besonderen Motiv. Doch all die Technik verlangt nach unserer ganzen Aufmerksamkeit, damit unsere Gedanken bloß nicht an den Schöpfer alles Daseins gerichtet werden!
Zu den bereits veröffentlichen Kommentaren möchte ich noch etwas hinzufügen. Es stimmt schon, Gott ist von keiner Glaubensgemeinschaft, Gemeinde oder auch Sekte abhängig. Aber ich musste an mir selbst feststellen, dass es die Gemeinde hilfreich ist Gott treu zu bleiben. Verlassen wir die Gemeinde, warum auch immer, verlassen wir mit der Zeit auch Gott. Wir wissen zwar, dass er existiert. Aber, existiert er nur in unseren Gedanken, oder auch in unseren Herzen?
Gruß Eduard
Hey Thor,
vielen Dank für diesen schönen Artikel der doch sehr persönlich ist.
Wenn man dem Leben vertrauen kann, einen Glauben hat der nicht einengt,
so ist das Leben bunt, abwechslungsreich und vielfältig.
Und wir sind ein lebendiger Teil des großen Ganzen…
Viele Grüße
Daniel
Sehr schön geschrieben! Vielen Dank! ☺️
LG Thor
Es ist sehr schön wie aufmerksam du die Natur erleben kannst. Ich denke viele Menschen haben dies verlernt. Aber wenn man sich darauf einlässt entdeckt man das wie einen verloren gegangenen Sinn wieder. Ich finde das sehr spannend, da wir das gerade hier in Uruguay beginnen zu spüren. Ganz langsam und manchmal auch sehr intensiv. Ich glaube heraus zu hören, dass ihr nun eueren Hafen gefunden habt, oder? 😉
Liebe Grüsse,
Daniel
Ja, das haben wir definitiv! Hier bleiben wir eine Weile!
Genießt eure Zeit in Uruguay! ☺️
LG Thor
Hej Thor,
Habe grade euren Film gesehen. Er ist wirklich toll geworden. Ich finde es fantastisch, dass ihr euch das getraut habt, noch dazu mit vier Kindern. Da bekommt man richtig Fernweh.
Ich wünsche euch alles Gute. Ihr seid eine tolle Familie. 👍🏼😃
LG
Susi
Hi Susi,
vielen Dank für deine lieben Worte! 🙂 Wir freuen uns sehr, dass dir der Film gefallen hat!
Liebe Grüße,
Thor